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Donnerstag, November 14, 2024

Berichte aus dem kleinen Königreich IX

 Eine Chaise geht in Rente

Was war das doch für ein herrliches Blätterkonfetti!
Das Laub tanzte geradezu zu Boden, goldengelb wie nie -
oder ich hatte glatt einfach vergessen, wie schön das ist...
 Was für eine schöne Zeit!
Die bunte Decke auf dem Boden aber, sie verwandelte sich und
 wurde braun, manch Ast schon kahl - kaum noch ein Blatt daran,
 das seinem Schicksal trotzt!
Und nun, nun herrscht die Zeit des grauen Lords mit seinen
eigenen Gesetzen. Bald blickt er auch in unsere Stuben, und 
während im Hintergrund Weihnachtsprojekte in die Gänge kommen,
 dachte ich mir, da passt es doch so wunderbar, zu schreibenwas
 hier noch so passiert ist - in punkto Gemütlichkeit.
Und in punkto "Masse reduzieren". VIEL Masse!
Wir hier lassen los wie die Bäume ihre Blätter,
denn wie bitte sollen uns all die neuen Wunder finden,
wenn die keinen neuen PLATZ haben???
Ich will es nämlich lieber wundervoll - und freu mich so sehr!

Nach unserer kleinen Streichorgie und noch vor dem
 Herstellen der "antiken Lampe" vom letzten Mal...


... gingen wir daran,
den Salon wieder vollständig einzuräumen. 
Und staunten wir noch, WIE viel besser uns nun alles gefiel,
warf das Licht ein... ganz anderes Licht!

Indirekt aber auch auf die Chaise longue!

Denn kaum war sie wieder zurückgestellt an ihren vorigen
 Platz, störten wir uns gleich daran. War die Chaise longue
immer schon so longue gewesen? So groß und sperrig? 
Und wie viel schöner war es doch gewesen, als da vorne frei
gewesen war. Himmel, die blockte ja den ganzen Raum ab! 
Sperrte aus! Vorher war uns das nie aufgefallen, war schon
 ganz kuschelig mit ihr gewesen, doch jetzt...

Ja, unser minimalistischer Radar schlug an.
Tatsächlich - nach über zwanzig Jahren und erst frisch neu
 genähten Bezügen (!)... konnte das schwere Teil in Rente gehen.
Nun, die Stoffe könnte man ja recyclen und anders nutzen,
sind ja große Flächen...

Doch wir brauchten natürlich Ersatz. Und zwar wirklich
 salonfähigen Ersatz. Ein einfacheres Sitzmöbel als Pendant
 zum geliebten Ohrensessel. 

Wir überlegten. 
Es musste leicht sein - sehr leicht und doch stabil. Schließlich
 sollte man je nach Bedarf einfach umstellen und ausrichten
 können. Wenn der Kamin an wäre, vor allem!  
Altehrwürdig sollte es sein - aber sauber und neuwertig.
Eine eierlegende Wollmilchsau eines Möbels sozusagen.
Wie sollte das bitte gehen???
Mein Vorschlag war Rattan.
Ihr hättet des Königs Gesicht sehen sollen - fassungslose, leicht 
angewiderte Ungläubigkeit beschreibt es wohl am besten.
"Sowas ist für draußen!"
Das "Sowas" müsst Ihr Euch dabei in einigermaßen pikiertem
 Ton vorstellen. 
Aber da er sehr froh war, dass die Chaise Longue nun ging 
(er hatte sie in letzter Zeit eh gar nicht mehr leiden können), 
stimmte er zu. Er meinte, alles, bloß nichts Schweres mehr,
 lieber viel freier Raum! 
Direkte Wege, nix Großes mehr, das man umkurven musste.



Kaum war dies gesagt, fand ich auch schon wie auf Bestellung 
für lächerliche 18 Taler ein zwar schrecklich glänzend weiß
 gelacktes, aber derart schönes Teil, dass ich sofort zuschlug.
Der König war erneut völlig entsetzt über das "Ding", das er
 da auf dem Bild beäugte.
Aber er vertraute mir trotzdem.
"Wenn Du meinst... ???"
Ja, er holte das Teil sogar selbst ab und fuhr U-Bahn damit.
Und... er war erleichtert. Und ich erst!
Das Rattanmöbel war supersauber, stabil, hatte genau die richtige 
Größe, war wie neu, doch trotzdem alt und von der Güteklasse 
eines virtuosen Handwerks, bevor nur noch gehunzt wurde.
Und es KNISTERTE und KNACKTE nicht!
Gar nicht, da es dereinst feinst und meisterlich gewirkt wurde.
(Was denn? Das ist "Schloss-Sprech" :)

Der König, er war nun doch angetan, und das war gut so,
 denn er musste es auch noch abschleifen - ohoh.
"Wie... abschleifen? Ist doch schon weiß, ich dachte..."
"Na klar, damit man sieht, dass es aus Korbgeflecht ist und kein 
Plastik. So kann´s ja wohl nicht bleiben. Und schööön vorsichtig, 
bitte verletze die Fasern dabei nicht...", 
sprach die erbarmungslose Méa, Königin, die Gnadenlose,
 von eigenen Gnaden.

Was-was... ER wollte doch schließlich die Chaise nicht mehr...

 

Es ist übrigens kein Lloyd Loom -

die sind nämlich sehr schwer, da sie aus bastumwickeltem

 Draht bestehen. Unser Rattan-Sessel nicht, der ist leicht

 und aus der Rotangpalme, die eine heftigst dornenbewerte,

 klimmende Liane ist. Die Liane des Regenwalds, die auch

 riesige Palmwedel ausbildet. Aus ihrem Inneren (= Peddig-

Rohr) ist unser Sesselchen. 

Also durchaus salonwürdig, n´est-ce pas?

 


Nach vorsichtigstem Abbürsten des Schleifstaubes ging ich bald 
mit fester Vorstellung ans Werk, patinierte und hübschte mit Kalk-
farbe (genau die ;) auf, machte einige Stellen dunkler...
Und ich bin ganz schön stolz, denn ich habe es in ein
 ehrwürdiges Schmuckstück mit Ausstrahlung verwandelt.
Mit... der Seele eines Korbgeflechts ;)
 Innerlich jubelte ich: Bohemian!
Und mit Taille!! Durch diese Aussparungen!
Unten edelst stabil gearbeitet und unglaublich bequem,
dabei die gekonnt schwungvolle Form! 

Hach...


Der König war wirklich beeindruckt.
Da kommt dann ja immer ein nicht gerade französisches
 "Wow!".

Schnell noch ein Sitzkissen passend mit Keder gemacht...
Wir hatten noch altes Leinen in Schwarz, was uns gut gefiel.

König schnitt zu, ich schwang die Nadel.




Katerchen vermisste die Chaise anfangs -
doch dann war es SEIN THRON.




Man sieht nun auch endlich mal den schönen Zanafi-Kelim...
Mit diesen Kameeel-Schwänzchen, hachhh!

Das haben sich die Berberfrauen (fair-trade!) so grandios aus-
gedacht, das sind vielleicht Künstlerinnen...
Keine Werbung - könnt mich aber immer gerne fragen.
Und ja, der liegt verkehrt herum, aber so ist´s einfach
 nochmal so schön!)


Das Rückenkissen der Chaise wurde flugs wieder als
 Rückenpolster eingesetzt, diesmal mit dünnerem Innenleben.

Als nächstes ging ich daran, Fäden aus altem Zuckerleinen zu
 ziehen. Milchweiß...


... Ich habe zwei schwere Quasten daraus gemacht.

Sie sehen nicht nur sehr "salon-mäßig" aus, 
sondern ziehen das Kissen in Form.


Der Sessel hat ein bisschen was von den Pfauenthronen,
nur eben nicht so... dei-dei und tüddelig.
Höher dürfte es zudem auch nicht sein, würde dies beim
 Fernsehen, ähm, voir le théàtre stören!
Eben so war es also genau richtig!

Und erst zusammen mit der "uuuralten" Lampe...

Ach, wie viele fröhliche Stunden hat der kleine Salon schon
 gesehen... Wir können so dankbar sein.

Und wenn hier dann das Feuer im Kamin knistert und knackt...


Guckt mal, was das Licht hier so treibt! 
Manchmal nachmittags im Herbst ist hier l´heure de rose. 
Passend zu Rosensalon (anno 1898), n´est-ce pas?


Das Rouler le cou  (was... soll ich hier etwa schnöde "Nacken-
rolle" schreiben???) bekam seinen eigentlichen Platz auf dem
 Daybed zurück. 
Dafür hatte ich es einst nämlich extra angefertigt...
Mit antiker Silber-Kurbelstickerei und Seidenquaste, ganz
 fürchterlich versnobt, wie es sich hier hie und da gehört!
Rümpf... ;)


Wenn wir nun putzen, geht das jetzt fix, dann stellen wir das
 zugehörige Fußbänkchen verkehrt herum auf den Sessel,
das findet das Katertier nämlich absolut beschnurr-würdig!


Hach,
das dicke, schwere Chaisen-Teil, nu isses wechhh!
Und wir sind so froh, 
auch wenn ich einen Tag ein wenig nachgetrauert hatte.
Aber nur einen, dann hatte ich mich entwöhnt.
Wieder ein Weniger an Masse. Viel weniger!
Und BESSER!

Der Kracher ist, dass nun auf einmal Rattan wieder mega-in ist.
 Überall sieht man das nun als Wohnzimmer-Sessel-Alternative. 
Das haben die von MIR geklaut! Ganz sicher. Wie so vieles, höhö ;))
Ist aber auch so praktisch.


Ja, wir atmeten auf - und der kleine Salon mit uns. 
Alles ist nun viel mehr im Fluss, viel lebendiger.
Und lässt sich sicherlich auch einmal leichter verkaufen als
 so ein schweres, großes Teil.
Denn wer weiß, wohin der Wind uns mal trägt?
Pläne gäbe es genug!

So, ich muss das Orangeat zum Trocknen aus dem Topf holen, 
voilà!


Falls Ihr Eures auch lieber selbst machen wollt, ist hier der
Link zu "natürlich Selbstgemacht".
Dort beschreibt eine zauberhafte Lady es so wundervoll, und
 weiß, wie die Kerlchen nicht bitter werden.

Dieses spezielle Orange nehme ich nun vom Herbst mit in
 den Winter!
Es wird in meinen Lebkuchen und Stollen wieder auftauchen,
und ich erinnere mich dann an diese schöne Zeit,
während ich die andere in vollen Zügen genieße.

Bis denne, Ihr Lieben,
seid emsig nebenher,
es lohnt sich!

Eure Méa

Ab jetzt wird es hier so richtig vor-weihnachtlich!
Es kommt noch mehr weg, denn wir gestalten ein weiteres
 Zimmer um, und im nun ohnehin so viel leereren Dach-
boden wird die Werkstatt nochmals optimiert und reduziert.
Da ist zudem noch einiges an Rest-Material, das wir einst
 für ein Weihnachtsprojekt aufgehoben haben. 
Und es muss gehen oder... endlich mal umgesetzt werden!
Nun nämlich gilt es!


Für alle, die Interesse an meiner Arbeit als Sculptrice haben,
klickt einfach auf den Link unter diesem Bild,
schon seid Ihr im Atelier -
und was dabei herauskommt, wenn einer Méa Flügel und Mäuse wachsen.


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Méas Vintage

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2 Kommentare:

  1. wenn lisbeth auch nur anstalten machte, so auf die rückenlehne unseres korbsesselchen zu steigen.... krawumm statt gleichgewicht :-D
    ich bin ganz bezuckert von den bildern mit katerchen IM noch leeren sessel - hihi. als ob er wüsste, dass das lustig aussieht......
    hat der könig wirklich sehr gefühlvoll geschliffen und nun sieht das möbelchen perfekt aus! und dann noch solch kuschelige kissen - mit troddeln!! herrlich.
    manchmal ist halt weniger mehr, unsere eigentlich sehr gemütliche ottomane musst auch irgendwann aus den salon ausziehen..... kann dein bedürfnis nach mehr "luft" gut verstehen!
    habts gemütlich!! xxx

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    1. Unser Mosieur war ja auch im früherem Leben mal Ballerina ;) Er fand allerdings doof, dass katz nicht am Korbgeflecht kratzen darf. Doch er liegt gerne drauf mit Decke darüber wie ein Zelt. Ja, viel mehr Luft, mehr multifunktionale Sachen... und viel gemütlicher als vorher. Die Freundin meinte, sie bleibt gleich mal da und schwang die Füße seitlich über die Lehne :))) Alles Liebe Dir, Beate

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