Die unmögliche Lampe - Licht und Schatten
Shadows are the servants of the light,
the children of fire.
The brightest flame casts the darkest shadow.
George R. R. Martin
Der November naht heran,
das Licht draußen wird grauer und geheimnisvoller werden.
Kahle Zweige und aufsteigender Nebel begleiten schon bald
das Flüstern aus der Anderwelt...
Innen dagegen wird es heimeliger und die Lichter sind es,
die unseren Seelen nun so gut tun. Und hier geht es genau um
sie - und nicht nur, sondern um das unglaubliche Spiel von
Spiegeln mit Kerzen und Lampenlicht.
Ja, und wenn nun schon einmal ein "venezianischer" Spiegel
hier im Salon hing (ich berichtete), war das ja wie eine
Prélude, um´s mal so hochtrabend auszudrücken!
Oh, wir würden dies würdig feiern - sprich, beleuchten!
Aber dies nicht nur mit dem schönen Licht durch den neuen
Anstrich der antiken Böden. Vielmehr würde das Licht einer
Lampe dort eine heftige Wirkung haben!
Doch "Lampe" ist für mich ja eher ein schlimmes Wort.
Es steht für mich auch für die Moderne und Spießertum -
und eine TISCHlampe erst!
Am Ende noch sowas mit braven Posamenten dran, so mit
Borten und so´n Zeug! Nein, dann lieber gar kein Licht in
dieser Ecke, so einige Versuche scheiterten hier bereits.
Doch nun wurde es selbst mir zu dunkel.
Und... der Spiegel war doch so grandios...
(Habe ich schon gesagt, dass ich den sooo grandios finde?
Ja? Tausend Mal bereits? Oi...)
Also ja, eine Lampe musste dort hin. Das fand auch der
König bereits seit längerem. Aber wenn schon, denn schon!
Es musste es DIE Lampe sein, ha, eine Salon-Löwin musste
die werden, ja, etwas... Seltsames, völlig Eigenes. Vielleicht mit
"Motten-Löchern" im Schirm, aus denen Lichtstrahlen drangen?
Mit aufapplizierten Leinenfetzen?
Nein, eher nicht, das wäre dann doch zu viel...
Aber schöne Ideen, n´est-ce pas?
So ein wenig französisch sollte sie sein, und auch ein wenig...
viktorianisch? Aber auf jeden Fall mit diesen herrlichen Vibes
dieser unglaublich verrückten Zeit damals - oha, Ambiance
wollte ich natürlich schreiben.
Was nun aber nehmen als Lampenfuß?
Treibholz ist schön. Natur...
Aber es musste ja zum Thema passen. Zu modern...
Nein, das war es nicht. Aber was dann?
"Homeshopping" war angesagt, somit würde nicht wieder
etwas angeschafft!
Reduzieren ist ja nun unser Lebensziel!!!
Und ich fand ein Opfer. Im Weihnachtsvorrat!
Das "Opfer" war ein nicht besonders gutes Teil, das nur
(und ziemlich unnütz) zu Weihnachten herunterkam. Ein
Altarleuchter im Barockstil, der ohnehin kaputt war. "Im
Barockstil" und nicht "barock" heißt ja immer so viel wie doofe
Replik. Und daher stand der wenn, dann in einer dunklen Ecke.
Alt war er aber schon, aber eben vielleicht nur so 100 Jahre.
Aus dichtem Kernholz, beschnitzt und aufgestuckt. Massen-
produktion von damals. Halb zerbrochen kam er hier mal an,
einfach in einen Karton geschmissen und nicht gepolstert.
Nun, dafür hatten wir dann aber auch fast nichts bezahlt. Ein
hirnverbrannter Idiot hatte zudem so ein wachsartiges Zeugs
draufgekleistert, wollte ihn wohl schöner machen!
Doch es sah glatt aus wie ein künstlicher Überzug.
Beinahe schon wie Gussplastik!
Ich habe das Teil daher nie gut hinbekommen.
Wie tüddelich der ist!
(= überladene, zu kleinteilige Ornamentik = Kitsch)
Wie aus ´nem Dekoladen. Und so... tot.
Ja, wir hatten den schon ausgemustert, aber nun
verkauften wir ihn doch nicht. Denn der hier, der würde
der höchstkönigliche Lampenfuß werden!
Der König war seeehr skeptisch (wie so oft...).
Ich hab den übrigens mittlerweile im Verdacht, dass er
das extra macht, damit ich zur Hochform auffahre, höhö.
Der Herr zog die Augenbrauen nach oben.
"Na... ich weiiiß ja nicht... Das Ding? Meinste wirklich?"
Ja, doch, der macht das absichtlich, ich hab ihn durchschaut!
In Wirklichkeit will er nur wissen, was ich jetzt wieder anstelle!
Und er wollte dort unbedingt eine Lampe!
In einem ersten Schritt ging es zunächst an den Lampenschirm.
Die Vorräte wurden beäugt.
Welcher Stoff...??
Hell, zum Daybed (Lit de repos, jaja) passend,
doch einigermaßen durchscheinend.
Zuckerleinen, natürlich.
Guckt doch mal, die Abdrücke auf dem Fußbänklein!!!
Da krieg ich Herzchen in den Augen,
denn das ist immer, wenn der Kleine zuvor drauf gelegen hat.
Das sind seine... Ellenbogen-Knöchelchen, oder wie das auch
immer heißt...
Unser Assistent half natürlich gewissenhaft bei der Auswahl
des Stoffes.
So ein Lampenschirm hat nur ´ne kleine Fläche;
zu viel draufzuballern stiehlt dem Spiegel die Show...
Aber Fransen waren ein Muss! Und solche fetzigen Ketten...
Ich hatte immer noch einen Vorrat an diesen alten,
herrlichen Silberperlen, die wohl Äonen alt sind...
Aufbrauchen hieß es auch hier!
Zuerst einmal die Form aus Draht.
Mal eben frei Hand. Wird am besten, da natürlich.
Ja, hingehunzt ist oft am besten!
Neige und wird verwertet!
Und dann ging es endlich los, Méa in ihrem fädenziehenden
Element! Franse an Lampenschirm ;).
Hab die Fäden unterschiedlich hoch rausgezogen, um Bögen
zu kreieren.
Das Teil ist in einem Stück, nix angenähte Fransenborte!
Nähen, abzählen und fädeln... , schwupps war´s fertig!
Die Fransen mussten abschließend nur noch gefasst,
dann nass gemacht und ausbürstet werden, sonst
wären die vom vorigen Eingewebt-Sein ja ganz zickzack...
Guckt mal, wie ein Halloween-Geistlein!
Sind die Silberperlenketten nicht episch?
Musste extra ´nen Faden anglühen und vorne wachsen,
um dort durchzufädeln - eine Nadel, auch noch so fein,
hätte nie durch die Perlchen hindurch gepasst!
Eine Quaste darf natürlich auch niemals fehlen. Die
baumelt dann vom Schirm runter wie ein Zugschalter, hach...
Guckt mal, hier unten sieht man es gut, das Links wird nach vorne
zeigen, die Spitze des Lampenschirmes ist erhöht, läuft also
nach oben in einer kühnen Kurve aus! Nix normaler Lampenschirm.
Ist das´n Kracher???
Dann aber wurde es ernst -
der Leuchter würde zum Lampenfuß werden. Regelrecht aus-
gegraben habe ich ihn, denn ich entfernte die komische Schicht,
die ihn so hässlich und künstlich gemacht hatte, samt meiner
früheren (und vergeblichen) Patinierversuche. Akribisch förderte
ich mit einem skalpell-scharfen Messerchen Geheimnisse zutage:
Ja, an einigen Stellen grub ich sogar Silber aus! Das
brachte mich auf die Idee, das aufzugreifen und ihn
teilweise zu versilbern! Passend zum Spiegel.
Als wir von einem Herbstausflug zurückkamen, hatte der
König den Leuchter unter den Lampenschirm gestellt -
und das war ein Glück! Hierdurch wurde mir klar, dass
das angepeilte Teilstück für den Lampenfuß höher sein
musste, als ich zuvor gedacht hatte!
Ich hätte den beinahe zu kurz gemacht!
Doch zumindest das massive Pedestriel war für einen Lampen-
fuß, wie er uns vorschwebte, viel zu groß. Und so hieß es, tief
durchzuatmen und ... zu amputieren. Das untere Teil wird noch
höchst königlich verwertet werden, doch dazu später einmal.
Die untere Basisschicht war übrigens Gesso und nicht rote
Lehmgrundierung. Ich hatte also Recht gehabt, dass der hier
nicht wirklich barock war!
Der Leuchter wurde umgedreht. Das Unten wurde zum Oben.
uralte Eiche, daraus sägte der König einen "Teller" und brach
die Kante...
Das strich ich natürlich später noch dunkel...
Voilá. Sieht übrigens auf dem Bild hier unten viel schöner aus,
als er da wirklich war. Das war nur das tolle Licht und die
Kamera. Er aber würde ja in einem dunklen Eck stehen, und
man würde ihn nicht durch eine Kamera ansehen ;)
Sonst wäre er da schon fertig gewesen...
Aber solche Kontraste brauchte es! Jawohl.
Ich hatte noch Blattsilber -
heute kriegt man oft nur Aluminium als "Schlagmetall Silber".
Doch ich hatte mir früher mal echtes ergattert, da war ich froh.
Auch dies wurde nun also endlich mal verwendet. Des Königs
Kettenanhänger aus Lapislazuli aus seiner Studienzeit half mir
auch - Achat zum Glattrubbeln hatte ich halt nicht.
Es klappte aber wunderbar.
Nach dem Anschießen des Blattsilbers rubbelte der Halbedelstein
wunderbare Effekte einer metallisch glänzenden Spiegelplatte
aus dem stumpfen Blattsilber.
Natürlich versilberte ich so, dass es magisch und uralt aussah.
Die anderen Teile betonte ich mit schwarzbrauner, dunkler Leinölfarbe.
Seht Ihr die "Fackel" in der Mitte?
Das Oben verschwindet später im Lampenschirm.
nicht nur gegen Oxidation konserviert, sondern bekam einen
warmen Glanz. Denn so hatte es einen viel zu kalten Schimmer.
Nein, denn der Lampenfuß war immer noch nicht gut.
Zu silbrig, insgesamt immer noch zu kalt, das Dunkel-
braun wirkte da hinten auf einmal wie Dunkelgrau und tot.
Und ich hatte mir doch solche Mühe gegeben!
Ja, noch ein wenig traurig, nicht? Indifferent, keine klare
Aussage. Und... irgendwie richtig schmuddelig!
Also noch eine Runde. Diesmal war ich bereits ein wenig un-
gehalten. Ja, so ein wenig... wütend.
Ich pinselte manche Stellen Weiß. Doch auch das sah getrickst
und be...scheiden aus. Gelinde gesagt.
Das Teil wollte nicht!
Es sah einfach nicht nach altem HOLZteil aus!
Natürlich nicht.
Hatte ich doch ´nen "Silberleuchter" draus gemacht! Zu
metallisch, nicht behaglich. Ich war so begeistert von diesem
Versilbern gewesen, von der Technik und den Möglichkeiten,
dass ich die Gesamtwirkung völlig vergessen hatte.
Was hatte ich auch gedacht?
Da griff ich wieder zum Skalpell und ratzte frevelhaft und
einem Serienmörder gleich einen Teil bis auf´s Gesso
(Leinölgipsgrundierung) hinunter ab!
Hat mich dabei jemand auf dem Balkon gesehen,
der hat jetzt Angst! :)
Aber da war es dann - es hat sich gelohnt.
"Alter Holzleuchter mit Versilberung"!
Kontraste da, gar nicht mehr kalt, und er konnte nun so gut
gegen den Riesenspiegel anstinken, oui!
Letztlich wurde noch der Lampenschirm anmontiert...
Und ich war platt - das Kerlchen war... perfekt!
Skurril und auch wirklich schön.
Dass ich sowas kann, hätte ich nicht gedacht.
Ach ja, elektrifiziert haben wir ihn natürlich vorher noch!
- meisterlich vom König inclusive Fluchen...
Der Dimmerschalter kam natürlich später unters Brett.
Der magische Moment - wie würde die Lampe wirken?
Würde sie so scheinen, wie ich dachte?
Oder einfach nur doof aussehen?
Wäre sie hell genug für die Ecke?
Und würde der Spiegel mit ihr "spielen"???
Es war alles zu glatt gegangen, das war doch sehr verdächtig.
Oh, ich war vielleicht aufgeregt!
War ja wie bei einem Stapellauf.
Doch dann... war ich einfach nur noch glücklich!
OUI!
Abends ist sie richtig hell, ich kann sie bis 100 W hochdrehen
(14 W LED warmweiß),
hier ist sie runtergedimmt.
UND OB der Spiegel mitspielte!
Nun habe ich ZWEI Lampen.
Wie ein Geistlein! Schööön :)
Und dieser Schwung oben, mon Dieu,
wie so ein Ballettschuh-Fuß mit dieser Krümmung!
Hach...
Ja, nun haben wir da zwei Glühwürmchen. Aber vielleicht
war mein "Influenzer" ja auch dieses Kerlchen hier, das uns
auf einem Herbstspaziergang begegnete.
Ein Pilzlein? Oder auch eine Glühqualle?
`ne Pilzglühqualle?
Nein, das, Mesdames et Messieurs, ist eine echte große
SALONLÖWIN!
Mit Mähne, haha, und Löwenschwanz! Ne?
Ich bin so froh, dass ich sie so unüblich hoch gelassen
habe, misst sie doch stolze 90cm!
Noch höher wäre sie zu hoch gekommen für den Effekt,
den sie erzielen soll.
Wir haben mehr Material aufgebraucht,
als nun da steht, denn Verschnitt und Verlust ist ja immer.
Insofern ist nichts an Materie hinzugekommen ins Schlösschen,
im Gegenteil - und auch das Verbleibende ist nun "aufgeräumt".
König und Kiddis waren schwer angetan. Meine Tochter
machte mir das Geschenk zu bemerken, "Jaaa, wie schööön
ist das denn, wie aus so einem haunted house!", was ich ja
absolut mag! So ein wenig verwunschen.
Vom König kam ein "WOW! Edel!"
Sohnemann nickte nachdrücklich, und meinte, nun würden
sich die tollen Fransen regelrecht im "Gestell" fortsetzen,
und ein wenig hätte das etwas von der tollen victorianischen
Bates-Villa
(aus Psycho, ne? Die auf dem Hügel... "Noooormaaan").
Haha, Klasse, wir werden mal die neue Adams-Family :))
Frohes Halloweeeen, Ihr Lieben!
Magische Momente wünsche ich Euch,
Eure Méa
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und was dabei herauskommt, wenn einer Méa Flügel und Mäuse wachsen.
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